Es ist jetzt etwas über drei Jahre her, dass der große Hype um Magento begonnen hat. Drei Jahre sind im Kreise von Softwareentwicklung und besonders im Internet bekannter weise ein langer Zeitraum. So ist es nicht verwunderlich, dass Magento mittlerweile nicht mehr durch technische oder funktionale Innovationen, sondern durch Referenzen und den Verkauf an eBay auf sich aufmerksam macht. Zeiten ändern sich und Magento hat sich jetzt als ein Dickschiff unter vielen im e-Commerce irgendwo zwischen ganz kleinen und mittel großen online Händlern eingereiht. Für die ganz großen hat es leider nicht gereicht und diese werden jetzt auch richtiger weise von anderen Playern (GSI, Intershop etc.) im eBay Netzwerk betreut.
Die Community freut sich über neue Veröffentlichungen der 1.x Editionen, die Fehler im schnell gewachsenen Code beheben. Das Kernteam von Magento selbst hingegen, ist schon längst mit Magento 2 beschäftigt, welches all das verspricht, was die 1.x dann doch nicht mehr schafft in ihrer Lebenszeit. Ein Cut, aber wie konsequent?
Da mittlerweile bekannt geworden ist, dass Magento 2 wiederum auf vergleichbare Technologie setzt und auch das EAV Datenbankmodell erneut die Antwort auf Flexibilität bei Attributen sein wird, stellt sich die Frage welches Shopsystem im e-Commerce innovative Akzente setzen wird.
Auf der Next Conference wurde dieses Jahr ein Projekt von Rewe vorgestellt. Es stellte sich in der Konzeptionsphase heraus, dass die am Markt verfügbaren Shopsysteme nicht in der Lage sind die große Anzahl an Katalogen und Individualisierbarkeit abzubilden, die von einer solchen Lösung verlangt wird. Auch die Skalierbarkeit machte Sorgen. Die Antwort war dann eine Eigenlösung, basierend auf aktuellster Web-Technologie, die man bisher vergeblich in Shopsystemen sucht. Dazu gehört neben einem HTML5 Front End besonders ein nicht relationales Datenbanksystem (NoSQL). Denn mit Hilfe einer solchen Technologie, wie sie unter MongoDB und CouchDB bekannter ist, lassen sich hoch skalierbare und besonders infrastruktur-schonende Lösungen umsetzen. Für weitere Informationen zu der Lösung empfehle ich das Video des Vortrages.
Magento, Oxid, Presta und Shopware, keine dieser Open Source Lösungen nutzt bisher NoSQL oder vergleichbare Technologien. Der Wettkampf zwischen diesen Systemen erfolgt eher im Rahmen des Marketings, anhand von Feature Listen und out-of-the-box unterstützter Geschäftsmodelle. Die Frage nach den wirklichen Innovationen im e-Commerce Umfeld bleibt also stehen. Und ich frage mich, ob Shopsysteme überhaupt die Vorreiterrolle einnehmen sollten, oder man aufgrund der schnellen Weiterentwicklung eine Ebene tiefer ansetzen sollte, bei den Frameworks, deren Komponenten und Vernetzung sich schneller anpassen lässt.
Hallo Alexander,
danke für den gedanklichen Anstoß! Welche Innovation steckt für dich hinter dem Einsatz von NoSQL und in welchen (Stack-)Bereichen sollte dies bei E-Commerce Plattformen eingesetzt werden?
Hallo Björn,
die NoSQL Vorteile – hohe Performance trotz Schemafreiheit – werden im ersten Schritt sicher dazu führen, dass innovative Shops Couch oder Mongo zusätzlich zu ihrer bestehenden relationen Datenbank einsetzen werden um z.B. die Navigation und Suche zu verbessern; über erste Beispiele hat Jochen ja bereits berichtet. Fertige Module für die bekannten Shopsysteme könnten diese Features dann auch der breiteren Masse zugänglich machen.
Perspektivisch sehe ich eine radikale Vereinfachung des Stacks kommen. Eine neue Generation von Shops wird nicht mehr auf SQL/PHP/clientseitiges JS bauen, sondern komplett – von der Datenbank bis zum Client – in JavaScript geschrieben sein. Technische Vorteile werden deutlich gesteigerte Performance, Code Sharing zwischen Server und Client und kürzere Entwicklungszyklen sein.
Auf der Basis wird es viele Innovationen geben, die wir aktuell nur schwer abschätzen können. Um nur ein Beispiel zu geben: die schemafreie Struktur der NoSQL Datenbanken ermöglicht eine bessere Integration von Daten aus verschiedenen Quellen und könnte so zu einer Annäherung zu der Vision vom vernetzten Shopsystem führen.
Bei PHP und auch Javascript bin ich sehr skeptisch, was die Sicherheit angeht. Gerade vor dem Hintergrund der derzeitigen Server-Einbrüche zeigt sich immer wieder die Brisanz des Themas. Meinen Sie, mit diesen Sprachen lässt sich tatsächlich ein performanter und sicherer Shop bauen?
Spannender Post! Kyle Banker, Entwickler bei Mongodb-Hersteller 10gen, hat einen interessanten Blogpost zu dem Thema geschrieben, in dem er auch auf Magento bezug nimmt und wie ähnliche Features mit NoSQL deutlich einfacher abgebildet werden können: http://kylebanker.com/blog/2010/04/30/mongodb-and-ecommerce/
Danke für den interessanten Beitrag! Mich würde ja wirklich mal interessieren, ob jemand mal aufgrund dieser Technik einen ganz einfachen Showcase bauen kann. So Nach dem Motto: 1 Million Dummy-Artikel, 50.000 Demo-Kategorien und das performant anzeigen lassen. Freiwillige vor ;)
Wir sind grade mitten in der Entwicklung eines großen Projekts, das am Ende eine Musik-Plattform wird, wo Werke, Komponisten und andere Autoren drinnen sind. Ähnlich wie in einem Magento-Shop haben wir dort jede Menge “related” – Products. Wir machen das Ganze mit RavenDB und haben dadurch brutal schnelle Zugriffszeiten, wenn es um die Detaildarstellung eines Werkes geht, weil eben alle Infos auch über ähnliche Werke und andere Werke des Komponisten bereits im gleichen Dokument drinnen sind.
Für unsere Magento-Schnittstelle (http://www.mageconnector.com) verwenden wir neuerdings ebenfalls RavenDB um die Produkte und Kategoiren zu vergleichen. Wir haben damit praktisch das EAV durch ein einfaches Dictionary ersetzt, das als Ganzes serialisiert in das Produkt- bzw. Kategoriedokument mit rein kommt.
Hat jemand Lust und Interesse eine “echte” eCommerce case-study mit RavenDB zu machen? @Roman: dein Buch ist übrigens super… ;)